
Am 9. November erinnerten mit bewegenden Worten, leiser Musik und einem Gang zu den Stolpersteinen am Sonntagabend rund 200 Dortmunderinnen und Dortmunder an die Opfer der Novemberpogrome von 1938. Unter dem Titel „…und ich will euch einen Ort und einen Namen geben, auf dass ihr niemals vergessen werdet“ fand in der evangelischen Stadtkirche St. Petri das ökumenische Gedenken an die jüdischen Bürgerinnen und Bürger statt, die einst Teil dieser Stadt waren und von den Nationalsozialisten entrechtet, deportiert und ermordet wurden.
Organisiert wurde die Veranstaltung von der evangelischen Stadtkirche Sankt Petri, der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) und der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Kooperation mit Schüler*innen des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums.
Nach einer Begrüßung durch Pfarrerin Christel Schürmann begaben sich die Teilnehmenden zunächst auf einen Rundgang zu den Stolpersteinen von Dr. Hugo Cohen am Westenhellweg sowie der Familie Bischofswerder in der Kampstraße. Dort wurden die Stolpersteine sorgfältig gereinigt. An beiden Orten erinnerten Schülerinnen des Gymnasiums mit kurzen biografischen Texten an das Leben und Schicksal dieser Dortmunder Familien.
Die Jugendlichen hatten sich in den vergangenen Wochen im Religionsunterricht intensiv mit den Lebensgeschichten beschäftigt. „Diese Stühle können sie heute nicht mehr besetzen – nicht, weil ihre Zeit gekommen war, sondern weil sie ihnen genommen wurde“, lautete eine der eindringlichen Aussagen zu Beginn des Abends.
Im Mittelpunkt stand das Gedenken an Norbert, Irma und Rolf Bischofswerder, die 1942 deportiert und ermordet wurden. Ebenso wurde an Dr. Hugo Cohen erinnert, einen angesehenen Dortmunder Arzt, dem 1938 die Zulassung entzogen wurde, bevor er 1942 nach Riga deportiert und später ermordet wurde.
Zurück in der Kirche folgten Musik, Lesungen und Gebete. Pastor Carsten Voß und Pfarrerin Annette Back sprachen den 74. Psalm als Klagegebet, während Schülerinnen in ihren „Reflexionen“ das Gedenken mit persönlichen Gedanken und Zitaten, darunter Paul Celans „Todesfuge“, vertieften. Besonders bewegend war auch die Erwähnung von Eva Weyl, einer Überlebenden der Shoah, deren Lebensgeschichte daran erinnert, wie wichtig es ist, Zeitzeugen ernst zu nehmen und ihre Warnungen weiterzutragen.
Während und nach der Veranstaltung ergaben sich Gespräche mit anderen Teilnehmer*innen, die sich ausdrücklich darüber freuten, dass sich junge Menschen so engagiert beteiligen. Viele betonten, wie notwendig es sei, dass gerade die junge Generation Verantwortung übernimmt.
Zum Abschluss wurden zwei Kerzen entzündet – ein stilles Zeichen der Erinnerung und der Hoffnung. Pfarrerin Schürmann erinnerte daran, dass solche Gedenktage nicht nur Vergangenes ins Bewusstsein rufen, sondern auch eine Verantwortung für Gegenwart und Zukunft bedeuten. In mehreren Redebeiträgen wurde auch auf die Gefahr des heutigen Antisemitismus hingewiesen, der zeigt, dass Erinnerung weiterhin notwendig bleibt.
„Heute wollen wir nicht einfach in Trauer schwelgen und vor Hass warnen. Wir wollen zeigen, wie sinnlos all das war – und wie schön das Leben eigentlich ist.“ (Schüler*innen des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums)
So wurde der 9. November in der Petri-Kirche zu einem Moment des stillen Gedenkens und des gemeinsamen Erinnerns daran, dass Namen wie Hugo Cohen und die Familie Bischofswerder nicht vergessen werden dürfen. Die zentrale Botschaft des Abends war klar und unmissverständlich: Nie wieder!





